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Polarlichter fotografieren Teil 3 – Wie entstehen Polarlichter und was bedeutet das fürs Fotografieren?

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Und wie versprochen folgt der dritte Teil meiner Polarlicht Serie.

Ich verrate euch wie Polarlichter überhaupt entstehen und was das schließlich fürs Fotografieren bedeutet.

Es lohnt sich!

Ein kurzer Überblick über die andere Beiträge zum Thema Polarlichtfotografie:

 

Wie entstehen Polarlichter überhaupt?

Die Entstehung von Polarlichtern hängt indirekt mit Sonnenflecken zusammen. An den Sonnenflecken kollabieren die Magnetfeldlinien zu einem CME (=Coronal Mass Ejection). Daher gibt es auch eine direkten Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Sonnenflecken und der Häufigkeit von Polarlichtern. Die meisten Sonnenflecken gibt es statistisch während eines Sonnenmaximums, welches alle 11 Jahre auftritt (Sonnenzyklus). Mehrere Jahre um das Sonnenmaximum herum ist also vermehrt mit Polarlichtern zu rechnen, aber natürlich gibt es auch Polarlichter außerhalb dieser „besten Zeit“. Aktuell befinden wir uns im 24.Sonnenzyklus, dessen Maximum eigentlich schon überschritten sein sollte – jedoch ist die Sonne immer noch recht aktiv, d.h. wir dürfen auch noch für die nächsten Monate auf schöne Polarlichter hoffen.

Neben dem Sonnenzyklus spielt auch die Jahreszeit eine Rolle. Jedoch nur deswegen, weil der Winter die längsten, dunkelsten Nächte bietet. Je länger die Nächte dauern, desto wahrscheinlicher ist es, Polarlichter zu sichten. Ende September sind die Nächte auf der Nordhalbkugel so lang, dass sich eine Polarlichtreise lohnt, Anfang April wird es dann langsam wieder zu schnell hell – die Polarlichtsaison neigt sich ihrem Ende entgegen. Auf der Südhalbkugel sind die Zeiten genau spiegelbildlich zu sehen, während wir im Sommer schwitzen, sind in Australien, Patagonien und der Antarktis die Nächte lang und perfekt für Polarlichtfotografie.

Wie entstehen Polarlichter

Polarlichter entstehen also durch zum Leuchten angeregte Gasatome in der Erdatmosphäre. Damit diese leuchten wird Energie benötigt. Diese Energie wird durch die Sonne geliefert. Regelmäßig ereignen sich auf der Sonnenoberfläche koronale Massenauswürfe (coronal mass ejections – CMEs). Hierbei brechen Magnetfeldlinien – meist um einen Sonnenfleck herum – zusammen, wobei Plasma ins Weltall geschleudert wird. Dieses Plasma besteht hauptsächlich aus Protonen und Elektronen. Wurde beim Auswurf das Plasma Richtung Erde geschleudert, dauert es in der Regel zwischen 1-3 Tagen, bis es in Form des – dann stärker als normalen – Sonnenwindes bei uns ankommt und durch das Erdmagnetfeld Richtung der magnetischen Pole geführt wird. Trifft dann der Sonnenwind mit den oberen Schichten der Atmosphäre zusammen, so entsteht Polarlicht – die „große Neonröhr der Natur“ wird eingeschaltet.

Die unterschiedlichen Farben der Polarlichtern hängen mit der unterschiedlich hohen Energie des Sonnenwindes und den damit unterschiedlich angeregten Gasatomen zusammen.

Polarlichter gibt es verschiedenen Farben!

Gelb/Grün Sauerstoff in niedrigen Höhen, häufig
Rot Sauerstoff in hohen Höhen, seltener
Blau/Lila Stickstoff, selten

 

Wann ist der richtige Zeitpunkt für Polarlichter?

In Jahren

Theoretisch müsste unsere Sonne alle 11 Jahre eine besonders maximal aktive Phase durchlaufen, bei der besonders viele Sonnenflecken auf die Erde geschleudert werden. Zu dieser Zeit ist die Chance, Polarlichter zu sehen bei bis zu 90 Prozent. Die letzte sogenannte SolarMax fand 2011 statt – der aktuelle Sonnenzyklus weist allerdings einen komischen (!) Verlauf auf, die letzten Jahre hatte er mehrere Peaks. Eine Vorschau für die kommenden SolarMax findest du hier: NOAA-Seite. Allerdings sollten die Vorhersagen mit Vorsicht genossen werden, da sich diese oftmals widersprechen.

In Monaten

Zwar entstehen Polarlichter das ganze Jahr über, aber man kann sie nur in dunklen, langen Nächten wirklich gut sehen. Das bedeutet im späten Herbst, Winter oder frühen Frühling. Logischerweise ist es dann sehr kalt in den entsprechenden Ländern!

Außerdem solltest du die Vollmondphase eher vermeiden, da die Nacht so dunkel wie möglich sein sollten. Wenn die Polarlichter nur schwach sind, kann der Vollmond diese unter Umständen komplett “überstrahlen“. Schwaches Mondlicht kann aber durchaus zu einer besonderen Lichtstimmung beitragen.

Das bedeutet wiederum für uns Fotografen, dass wir uns und unsere Fotoausrüstung auf extrem kalte Aufnahmebedingungen einstellen müssen. Outdoorkleidung die für den Polarkreis geeignet ist steht an erster Stelle. Soll ich dazu auch einmal einen Beitrag schreiben?

 

Was bedeutet das für uns Fotografen bzw. für unsere Fotoausrüstung?

Fotografieren im Winter – Tipps & Tricks zum Fotografieren und zum Schutz deiner Ausrüstung

 

Nochmal eine kurze Wiederholung: Welches Fotoequipment ist notwendig?

Die Anforderung an die fotografische Ausrüstung sind prinzipiell gering: Eine Kamera und ein Stativ reichen. Auch eine „Hosentaschenknipse“ kann mit gewissen Abstrichen ausreichen, wenn man ein Stativ verwendet und die Kamera manuelle Einstellmöglichkeiten hat. Die ideale Kameraausrüstung gestaltet sich wie folgt:

  • eine APS-C bzw. besser eine Vollformat-Kamera, mit möglichst gutem High-ISO-Rauschverhalten
  • lichtstarkes Weitwinkelobjektiv im Bereich 8 – 35mm, maximale Blendenöffnung f4 – und gerne deutlich weniger wie 2.8 oder 1.4
  • stabiles Stativ
  • Fernauslöser
  • Powerpack mit Ersatzakku
  • Wärmepads für dich und deine Ersatzakkus!

Warum würde man eine Vollformatkamera einer APS-C Kamera vorziehen? Bei gleicher Auflösung sind die Sensorpixel bei Vollformat größer und damit lichtempfindlicher und gleichzeitig weniger anfällig für High-ISO-Rauschen.

Bei den lichtstarken Objektiven gibt es natürlich sehr gute Zoomobjektive der bekannten Hersteller, z.B. im Bereich 16-35mm bei f2.8 oder f4. Besonders empfehlenswert sind aber auch als „Speziallinsen“Festbrennweiten im Bereich 14-35mm bei teilweise f1.4 oder Fisheyelinsen. Die Brennweite hängt weniger von speziellen Notwendigkeiten als vielmehr vom persönlichen Geschmack bezüglich Komposition oder gewünschten Effekten ab.

Generell gilt, eine besonders lichtstarke Linse kann durchaus das Manko einer „schwächeren“ beziehungsweise rauschanfälligeren Kamera beziehungsweise ebenso umgekehrt eine besonders gute Kameras ein schwächeres Objektiv ausgleichen – es muss also nicht immer gleich von allem das Beste sein, ein guter Kompromiss ist allemal ein guter Start in der Polarlichtfotografie. Die Aussage bezieht sich natürlich nur auf das Erreichen einer möglichst kurzen Belichtungszeit, die zu einem gut belichten Ergebnis führt, bei gleichzeitigem Erhalt der schönen Strukturen der Polarlichter.

Das Stativ spielt eine zentrale Rolle, denn oft nimmt man Polarlichter unter eher schwierigen Bedingungen auf: starker Seitenwind, instabile Eis- und Schneeunterlage sind keine Seltenheit. Daher muss das Stativ stabil sein, einen Ballasthaken zur weiteren Stabilisierung besitzen – idealweise nimmt man noch Eisspikes beziehungsweise Schneepads mit, um diese im Bedarfsfall an den Stativbeinen zu befestigen und damit einen stabilen Stand zu erreichen.

Möchte man Timelapse-Sequenzen erstellen, benötigt man einen programmierbaren Fernauslöser (egal, ob kabelgebunden oder eine Funklösung), ansonsten tut es auch ein normaler Fernauslöser.

Und nicht vergessen, wenn es draußen kalt ist, machen die Akkus der Kameras schneller schlapp – also entweder mehrere geladene Akkus zum Wechseln mitbringen oder einen Powerpack mit Dummy-Akku anschließen, der hält dann die ganze Nacht.

Um das Zutauen beziehungsweise Zufrieren des Objektivs zu verhindern, kann man entweder handelsübliche Handwärme-Pads auf der Objektivunterseite befestigen oder eine professionelle Objektivheizung verwenden, welche aber entsprechende Ansprüche an die Stromversorgung stellt. Für mich reichen seit Jahren die Wärmepads, da günstig und wenig Gewicht im Gepäck – so oft braucht man diese dann nämlich meisten doch nicht.

Welche Einstellungen sind an der Kamera zu beachten

Bevor wir auf die Einstellung der Kamera eingehen, noch ein paar Tipps bezüglich der Einstellungen am Objektiv:

  • Bildstabilisatoren (VC/IS etc) ausschalten, wenn ein Stativ im Einsatz ist
  • Autofokus aus, wir fokussieren manuell auf einen Stern oder eine andere entfernte Lichtquelle
  • von der Offenblende aus möglichst 1-2 Blendenstufen abblenden

Die klassische Frage nach den Einstellungen der Kamera lässt sich ohne konkrete Situation und konkretes Equipment nur abstrahiert beantworten. Sinnvollerweise machen wir alle Einstellungen selbst, die Kamera tut sich nachts besonders schwer zu ahnen, welches Bildergebnis wir wohl erzielen wollen – also denKameramodus auf „M“ stellen. Zudem schalte ich persönlich den Dunkelbildabzug aus, sprichdeaktiviere die kamerainterne Rauschreduzierung für High-ISO und Langzeitbelichtung. Denn ansonsten müsste man nach jedem Bild recht lange warten, bis das Darkframe in gleicher Länge wie die Originalaufnahme aufgenommen wurde. Die Rauschreduzierung von Lightroom und ähnlichen Produkten ist mittlerweile so gut, dass hier keine Nachteile entstehen – beim Reduzieren des Rauschens mit diesen Werkzeugen. Einzige Ausnahme: Die Kamera hat schon zu viele Hot/Coldpixel, hier ist die interne Rauschunterdrückung zu empfehlen. RAW ist das zu bevorzugende Bildformat.

Helle Polarlichter benötigen natürlich generell kürzere Belichtungszeiten, als eher schwache Polarlichter. Zudem gibt es noch „langsame“ und „schnelle“ Polarlichter, will heißen Polarlichter können teilweise fast statisch, manchmal aber auch recht schnell in ihrer tänzelnden Bewegung sein. Möchte man bei einem schnellen Polarlicht die feinen Strukturen und Zeichnungen innerhalb des Lichtvorhangs auf dem Foto einfangen, dürften Belichtungszeiten um die 10 Sekunden relevant sein, wenn möglich aber auch kürzer. Hat man eine lichtempfindliche, nur wenig abgeblendete Linse und eine Kamera mit gutem High-ISO-Verhalten, so kann man durchaus auf ISO 3.200 bis 6.400 gehen und dafür die Belichtungszeit auch um 5 Sekunden halten zugunsten der Strukturen des Polarlichts.

Bei einem nahezu statischen Polarlicht kann man die ISO-Zahl deutlich geringer halten, das Objektiv auch etwas mehr abblenden (um schönere, punktförmige Sterne zu erhalten). Die Belichtungszeit kann hier durchaus auch mal 30-45 Sekunden betragen, ohne ein „Verschmieren“ des Polarlichts zu befürchten und gleichzeitig noch punktförmige Sterne zu erhalten.

Zusammengefasst: Bei „schnellen“ Polarlichtern lieber die ISO-Zahl hochfahren und die Blende möglichst weit aufmachen, um bei Belichtungszeiten um die 10 Sekunden zu landen. Bei langsameren und schwachen Polarlichtern sind Belichtungszeiten um die 30 Sekunden ok, hier lieber ISO runter und etwas mehr abblenden – für bessere Bildergebnisse (weniger Rauschen und Verzeichnung).

Ist man sich noch unsicher, dann öfters mal die Einstellungen (ISO, Blende, Belichtungszeit) variieren und im Histogramm des Live-Views verifizieren, ob möglicherweise schon helle Bereiche der Aufnahme „ausbrennen“.

Ein Tipp zum Schluss: Vergiß nicht vor lauter Optimierung der Kameraeinstellung die Bildkomposition! Fotos mit Polarlichtern wirken erst dann wirklich toll, wenn du entsprechend die Landschaft und Umgebung aktiv in die Komposition einbindest. Hier eignen sich besonders zum Beispiel schroffe, steile Berge (wie auf den Lofoten), alte Kirchen, Leuchttürme und Bauernhäuser (viele z.B. auf Island) oder einfach nur schöne einzelne Baum als Solitäre im Vordergrund der Aufnahme.

Somit hast du das wichtigste Handwerkszeug und kannst loslegen, denn nichts geht über selbst erleben und eigene Erfahrungen sammeln – der hohe Norden ruft, die Saison läuft gerade! (wenn du das in den Wintermonaten liest; dem Veröffentlichungszeitpunkt meines Blogbeitrags)

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